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30. Mai 2021

Die Blutwertlüge

Die Blutwertlüge

70 Prozent aller medizinischen Diagnosen werden anhand von Blutbefunden erstellt. Millionen von Patienten machen die leidvolle Erfahrung, dass ihr Blutbefund »in Ordnung« ist, das heißt im Rahmen der Referenzwerte liegt, obwohl sie zweifellos krank sind: Menschen mit unerkannter Schilddrüsen- oder Diabeteserkrankung, mit Depressionen oder Fatigue-Syndrom, mit kognitiven Störungen oder Demenz – und nicht zuletzt die große Schar derer, die als Psychosomatiker abgestempelt werden. Sie alle sind direkt davon betroffen, wenn real vorhandene Krankheitssymptome vom Arzt nicht in Betracht gezogen werden. „Die Blutwert-Lüge – Gesundheitsrisiko Normalwerte – Die Wahrheit über Blutbefunde“ von Miryam Muhm und Roland Liebscher-Bracht ist eine fesselnde Lektüre für alle, die die Feinheiten der medizinischen Diagnose verstehen wollen. Durch ihre Recherchen und Interviews mit Medizinern haben die Autoren einen augenöffnenden Blick auf die Art und Weise geworfen, wie Bluttests verwendet werden, um festzustellen, ob jemand an einer Krankheit leidet. Ein unglaublich Interessantes Thema.

Das Buch beginnt mit einer Untersuchung der oben erwähnten 70%-Statistik.  Muhm und Liebscher-Bracht erörtern die verschiedenen Faktoren, die für diesen hohen Prozentsatz verantwortlich sind, darunter die Abhängigkeit von Laborwerten im Gegensatz zu klinischen Befunden, die Genauigkeit der Ergebnisse und die Grenzen bestimmter Tests. Die Autoren gehen dann darauf ein, wie diese Zahlen bei der Diagnose bestimmter Krankheiten irreführend sein können. Sie geben Beispiele von Menschen mit nicht diagnostiziertem Diabetes oder Schilddrüsenproblemen, deren Blutwerte als „in Ordnung“ eingestuft wurden, obwohl sie sich krank fühlten. Außerdem erörtern die Autoren, wie psychosomatische Störungen oft zu falsch positiven oder negativen Ergebnissen führen, weil Ärzte nicht wissen, wie es um die psychische Gesundheit bestellt ist.

Gut verständlich und medizinisch fundiert, zeigt die Wissenschaftsjournalistin Miryam Muhm, wie die falsche Festlegung vieler Referenzbereiche für Blutwerte zu Fehldiagnosen und Behandlungsfehlern führt und was getan werden kann, um in Zukunft genaue Diagnosen zu stellen. So kann sich beispielsweise hinter Abgeschlagenheit, Depression und Burnout oft ein simpler Eisenmangel verstecken, und die Ursache für Gedächtnisstörungen, Konzentrationsschwäche und Demenz liegt mitunter in einem Vitamin-B12-Defizit.  Die Autorinnen und Autoren erklären, wie neben den klinischen Befunden auch die Laborwerte berücksichtigt werden sollten, um den Zustand einer Person richtig einschätzen zu können. Darüber hinaus plädieren sie für zusätzliche Schulungen für Fachkräfte des Gesundheitswesens zum Thema psychische Erkrankungen, damit mehr Patienten eine angemessene Betreuung und Behandlung erhalten und nicht als psychosomatische Störung abgestempelt werden, obwohl ihre Symptome in Wirklichkeit von einem ganz anderen medizinischen Problem herrühren könnten. Die Autoren schlagen außerdem vor, Protokolle zu erstellen, die sowohl die körperlichen Symptome als auch die Laborwerte bei der Diagnosestellung berücksichtigen, damit kein Patient durch die Maschen fällt, weil er eine der beiden Seiten vernachlässigt.

Miryam Muhm arbeitet seit 1978 als Ärztin und war früher Assistenzprofessorin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, wo sie Medizin lehrte. Roland Liebscher-Bracht ist Facharzt für Orthopädie und Sportmedizin und hat im Laufe seiner Praxis mehrere Bücher über Schmerztherapie geschrieben. Ihr gemeinsames Fachwissen macht sie zu verlässlichen Quellen, wenn es darum geht, dieses wichtige Thema zu erörtern, und ihr Buch bietet den Leserinnen und Lesern einen wertvollen Einblick in die Feinheiten des Themas. Mit ihrem Buch Die Blutwertlüge – Gesundheitsrisiko Normalwerte – Die Wahrheit über Blutwerte haben Muhm und Liebscher-Bracht einen informativen Text über die korrekte Beurteilung medizinischer Zustände mit Hilfe traditioneller Diagnosetechniken und Labortests verfasst, der für jeden, der sich für diesen Bereich interessiert, zur Pflichtlektüre wird.

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