Gesundheit & Familie

Nachhaltigkeit

19. Juli 2000

Askese in der Erlebnisgesellschaft?

Askese in der Erlebnisgesellschaft?

„Askese in der Erlebnisgesellschaft?“ von Uwe H. Bittlingmayer ist eine kritische Studie, die das Konzept der „nachhaltigen Entwicklung“ und deren reformpolitische Grundorientierung hinterfragt. Der Autor zeigt auf, dass trotz des Wunsches nach einer nachhaltigen Entwicklung und der Begrenzung von Zivilisationsrisiken, das Konzept immanenten Schwächen aufweist.

Die kultursoziologische Perspektive, die Bittlingmayer hier einnimmt, ist die von Pierre Bourdieu. Dieser kritisiert insbesondere den Suffizienz- bzw. Verzichts-Ansatz, am Beispiel des Car-Sharing, und stellt die Kernthese auf, dass in Erlebnisgesellschaften erst eine hinreichende Verfügung über Handlungsressourcen, insbesondere über kulturelles Kapital, soziale Akteure aus der Pflicht zum Genuss entbindet.

Die Studie zielt darauf ab, die Motivation hinter dem Konzept der „nachhaltigen Entwicklung“ zu verstehen und dabei zu zeigen, dass die Umsetzung dieses Konzepts an den eigenen Grenzen sowie an der Aspiration der Menschen, immer mehr zu genießen, scheitert. Bittlingmayer stellt den heutigen Konsum als Teil einer Kultur der Überflüssigkeit dar, bei der eine Spirale des Immer-mehr-Konsums entsteht. Diese Spirale führt jedoch nicht zu einem zufriedenstellenden Leben, sondern hat negative Auswirkungen auf die Gesellschaft und Umwelt.

„Askese in der Erlebnisgesellschaft?“ ist auch ein Plädoyer für mehr Nachhaltigkeit, jedoch durch einen anderen Ansatz. Der Autor betont, dass Erlebnisgesellschaften Verzicht nicht bekämpfen, sondern fördern sollten, da er auch ein positives Wohlfahrtsgefühl erzeugen kann. Die Befriedigung geheimer Bedürfnisse wie der Rückzug aus der Gesellschaft sowie der Widerstand gegen Konsumzwang und Überfluss prägen hier den Verzichtsansatz. Bittlingmayer stellt fest, dass dies nicht als Askese gelebt werden kann, sondern eher als enthaltsam, was eine positive Wirkung auf die Gesellschaft und Umwelt haben kann.

Uwe H. Bittlingmayer ist Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Tübingen und hat sich in vielen Studien mit den Fragen der Bildung und Erziehung auseinandergesetzt. „Askese in der Erlebnisgesellschaft?“ ist ein gutes Beispiel dafür, wie er die gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenhänge rund um das Konzept der nachhaltigen Entwicklung beleuchtet. Dabei untersucht er, ob die Konzepte der Nachhaltigkeit wirklich dazu führen können, das Problem der Umweltverschmutzung beziehungsweise -zerstörung und Klimakrise zu lösen.

Insgesamt liefert das Buch „Askese in der Erlebnisgesellschaft?“ von Uwe H. Bittlingmayer eine pointierte Kritik an einem der wichtigsten Konzepte unserer Zeit und gibt zugleich wertvolle Hinweise für eine nachhaltige Zukunft. Die theoretischen Überlegungen werden durch eine Fülle von Beispielen und Grafiken anschaulich gemacht. Der Autor zeigt, dass es notwendig ist, die Praktiken und Überzeugungen der heutigen Erlebnisgesellschaft zu überdenken sowie eine neue Kultur von Verzicht und Nachhaltigkeit zu schaffen.

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